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Der Rosenthaler

Wo die Tore waren

Geschichte

Wir alle gehen regelmäßig über die Torstraße und man fragt sich: Was hat der Name eigentlich mit Toren zu tun? Denn zu sehen sind ja keine mehr.

Und in der Tat lässt sich der Name auf immerhin sechs von einstmals insgesamt 18 Stadttoren zurückführen, die den nördlichen Teil der sogenannten Zoll- oder Akzisemauer bildeten: Neues-, Oranienburger-, Hamburger-, Rosenthaler-, Schönhauser- und das Prenzlauer Tor.
Anders als die auf militärischen Schutz angelegte mittelalterliche Stadtmauer des Großen Kurfürsten diente die seit Beginn des 18. Jahrhunderts in verschiedenen Ausbaustufen errichtete Zollmauer ausschließlich Kontrollzwecken.
Warum Rosenthaler Tor?
Die Tore waren benannt nach den Ortschaften, in deren Richtung die Ausfallstraßen an dieser Stelle führten. Bei einigen ist das leicht zu verstehen, bei anderen eher weniger. So ist der Ort Rosenthal heute nur noch ein kleiner Ortsteil von Pankow; ähnlich verhält es sich mit Schönhausen, das seine Bekanntheit weniger seiner Größe als dem nunmehr renovierten Schloss gleichen Namens zu verdanken hat.
Die Tore standen in der Mitte der Straßen. Als der Verkehr zunahm, führte man zunächst den Verkehr um sie herum. Aber auch das wurde bald zu eng und so verschwanden nach und nach alle nördlichen Tore aus dem Stadtbild. Nach 1860 wurden auch die anderen Tore – bis auf das Brandenburger Tor – abgebrochen und die Straßen entsprechend breit angelegt.
Neues „Neues Tor“
Ein weiteres Tor blieb im nördlichen Berliner Straßenbild allerdings erhalten: Das 1836 nach einem Entwurf von Karl Friedrich Schinkel an der Invalidenstraße gebaute Neue Tor. Es fällt im Zweiten Weltkrieg dem Bombenhagel zum Opfer, wird aber in moderner Fassung 1998 nach einem Entwurf von J. P. Kleihues wieder errichtet. Der moderne Bau interpretiert die Fassung von Schinkel in der Kubatur sowie den Vorhallen neu und bildet zusammen mit dem Platz vor den Neuen Tor ein Ensemble. Nach der Fertigstellung der Invalidenstraße wird auch dieser Platz wieder eine bessere stadträumliche Qualität erhalten.
An anderen Stellen sind heute noch indirekt Spuren der alten Zollmauer-Struktur zu erkennen: Auf ihrer südlichen Seite hat die Torstraße keine gleichmäßige Bauflucht entlang der Straße. An der Einmündung z.B. der Gartenstraße und der Kleinen Hamburger Straße weicht sie sehr augenfällig zurück und bildet eine Straßenaufweitung, die eindeutig auf den Verlauf der Akzisemauer mit dem Hamburger Tor hinweist.
Juden und das Rosenthaler Tor
Eine vielfach unbekannte Besonderheit des Rosenthaler Tores bestand darin, dass Juden lange Zeit nur durch dieses (später auch durch das Hallesche Tor) in die Stadt gelassen wurden, wie z.B. der Philosoph Moses Mendelssohn, der sich 1743 in Berlin niederließ. Diese Regelung dürfte maßgeblich dazu beigetragen haben, dass sich die jüdische Bevölkerung gerade in dem Bereich um dieses Tor ansiedelte.
Unterschiedliche Namen
Auf Stadtplänen aus den frühen Jahren des 19. Jahrhunderts wird ein kleiner Teil der Straße bereits als „Thorstraße“ bezeichnet. 1873 wird sie auf dem Abschnitt Oranienburger bis Rosenthaler Tor in Elsässer und auf der Verlängerung bis zum Schönhauser Tor in Lothringer Straße umbenannt – als Hinweis auf die zuvor im deutsch-französischen Krieg eroberten, gleichnamigen Gebiete. Die DDR widmete sie dann 1951 auf ganzer Länge in Wilhelm-
Pieck-Straße um, benannt nach ihrem ersten Ministerpräsidenten.
Seit 1994 heißt sie nunmehr und vorerst endgültig Torstraße.
Hans-Karl Krüger

 
 

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