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Der Rosenthaler

"Das ist Berlin pur" Jan Stöß über seine Kandidatur in Mitte

Politik

Interview: Donnermeyer, Mühlstädt und Wendling; Foto: Detlef Eden

Dr. Jan Stöß, 42, ist seit 2012 Vorsitzender der Berliner SPD.
Für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus 2016 wurde der Verwaltungsrichter von den entsprechenden SPD-Abteilungen mit breiter Mehrheit als Kandidat für den Wahlkreis 2 nominiert.
Der Rosenthaler sprach mit ihm über seine Bewegründe, ausgerechnet hier zu kandidieren, über den Durchgangsverkehr in Mitte und über Stühle auf dem Alex.

Rosenthaler: Aus Kreuzberg nach Mitte - Wie kam es dazu, dass sich der SPD-Landesvorsitzende um einen Wahlkreis in Mitte bewirbt?
Stöß: Die innere Stadt mit dem Alexanderplatz, der Friedrichstadt, der Luisenstadt und der Rosenthaler Vorstadt ist natürlich etwas Besonderes, das Herz von Berlin. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, als mich SPD-Abteilungen vor Ort angesprochen haben, ob ich hier kandidieren möchte. Bei der inneren Stadt gucken immer alle ganz genau hin, schon weil täglich Hunderttausende Berlinerinnen und Berliner hier jeden Tag arbeiten, einkaufen, studieren oder die Freizeit mit Kultur verbringen. Man darf aber die Menschen nicht vergessen, die hier wohnen. Die innere Stadt soll ein attraktiver und trotzdem bezahlbarer Wohnbezirk bleiben, mit allem, was dazugehört. Und dazu braucht es eine starke Stimme in der Landespolitik.

Rosenthaler: Was ist so reizvoll an diesem Wahlkreis?
Stöß: Das ist Berlin pur. Hier ist die Stadt entstanden, hier schlägt das politische Herz Berlins, ja, der Republik. Hier sind die großen Sehenswürdigkeiten, die das Gesicht der Stadt prägen. Und die großen Stadtthemen finden sich hier wie unter einem Brennglas: Dass auch Berlinerinnen und Berliner mit kleinen, mittleren Einkommen und Renten es sich leisten können müssen, in der Innenstadt zu wohnen. Dass die soziale Einheit nach 25 Jahren endlich vollendet werden muss und gleiche Rechte in Ost und West gelten. Hier etwas zu bewegen – das ist höchste Zeit.

Rosenthaler: Woran werden die Wahlen im nächsten Jahr entschieden?
Stöß: Zurzeit hat man den Eindruck, dass die Unterbringung und Versorgung der vielen Menschen, die als Flüchtlinge in unsere Stadt kommen, alle anderen Themen überlagern. Das ist natürlich auch eine riesige Herausforderung, die Berlin aber mit großartigem ehrenamtlichen Engagement, mit Menschlichkeit und Haltung meistert. Aber uns ist klar, dass die Aufgaben der wachsenden Stadt dadurch nicht in den Hintergrund treten. Die Berliner SPD möchte das Wachstum sozial gerecht gestalten, damit alle Berlinerinnen und Berliner davon profitieren. Wir investieren jetzt wieder mehr in bezahlbaren Wohnraum, in unsere Infrastruktur, in Betreuungs- und Bildungseinrichtungen, in die Sanierung der Schulen und in die öffentliche Verwaltung. Und es geht darum, zusätzliche, gut bezahlte Arbeitsplätze zu schaffen – Berlins Wirtschaft wächst, die Voraussetzungen dafür sind gut.

Rosenthaler: Was sind die Themen, mit denen sich ein potenzieller Abgeordneter Stöß im Abgeordnetenhaus befassen will?
Stöß: Ich will etwas für Mitte erreichen. Die Innenstadt darf nicht nur für Millionäre leistbar sein, sondern muss für alle bezahlbar bleiben. Ich will mich dafür einsetzen, dass die Stadtmitte wieder sicherer wird. Im öffentlichen Raum darf nicht das Recht des Stärkeren gelten, es soll auch nicht das ganze Jahr über Rummel herrschen. Ich habe mich sehr gefreut, die Familie Kühn kennenzulernen und mit ihr gemeinsam die Initiative zu starten, die Fritz-Kühn-Stühle an den Fernsehturm zurückzuholen – ein Symbol dafür, dass es auch für ganz normale Berlinerinnen und Berliner aus der Nachbarschaft wieder attraktiver sein soll, sich im Herzen der Stadt aufzuhalten und zu verweilen, ohne Konsumzwang, Tingeltangel und Gedudel. Außerdem muss die innere Stadt endlich vom Durchgangsverkehr entlastet werden – das ist eine der dringendsten Aufgaben für mehr Lebensqualität. Und wir müssen darauf achten, dass bei jedem Umbau einer Straße oder einer Grünanlage die Übergänge barrierefrei gestaltet werden, das hilft allen Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, Senioren mit Rollatoren, Eltern mit Kinderwagen und macht das Zu-Fuß-Gehen sicherer.

Rosenthaler: Wie wollen Sie diesen engen Wahlkreis gewinnen, was ist die Strategie?
Stöß: Vor Ort da sein, im direkten Kontakt ins Gespräch kommen – und Überzeugungsarbeit dafür leisten, dass der Wahlkreis von sozialdemokratischer Stadtpolitik profitiert. Ich werde deshalb möglichst oft das direkte Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern suchen. Wir haben im Bundestagswahlkampf schon gute Erfahrungen mit dem Tür-zu-Tür-Wahlkampf gemacht, darauf werde ich aufbauen.

Rosenthaler: Gibt es einen Lieblingsort im neuen Wahlkreis?
Stöß: Im Wahlkreis gibt es so viele großartige urbane Orte, da ist es schwer, einen als Lieblingsort herauszuheben. Die Sophiensäle machen ein tolles Programm, rings um den Rosenthaler Platz ist Berlin wirklich die pulsierende, internationale Metropole und im Sommer ist das Engelbecken an der Grenze zu Kreuzberg ein sehr schöner Ort.
 

Rosenthaler: Zum Schluss: Schon ein paar Lieblingslokale im Wahlkreis?
Stöß: Mein Lieblings-Italiener ist die Piazza Rossa direkt neben dem Roten Rathaus, sehr guten Kaffee gibt es bei Barcomi’s in der Sophienstraße und abends kann man am Hackeschen Markt noch immer nett im Café Cinema im Haus Schwarzenberg etwas trinken gehen. Es ist gut, dass das Künstlerhaus gerettet werden konnte. Und ich freue mich, noch immer wieder neue Lokale in Mitte kennenzulernen.


Rosenthaler: Herr Dr. Stöß, wir danken Ihnen für das Gespräch.

 
 

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