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Der Rosenthaler

Entwicklen oder liegen lassen?

Stadtentwicklung

Zugegeben, der Stimmzettel ist etwas verwirrend, aber in der Sache ist die Alternative klar für die Abstimmung über das Volksbegehren, das zusammen mit der Europa-Wahl am 25. Mai stattfindet. Die einen wollen, dass sich nichts tut am Tempelhofer Feld. Das sind die Initiatoren für den Volksentscheid „100% Tempelhofer Feld". Die anderen wollen rund um einen unangetasteten Bereich in der Mitte an den Rändern abgegrenzte Gebiete entwickeln.

Eine Riesenchance

„Wir haben es hier mit einer Riesenchance zu tun, einerseits eine große Grünfläche mitten in der Stadt zu erhalten und andererseits dringend benötigten Wohnraum zu schaffen", wirbt Stadtentwicklungssenator Michael Müller für das Konzept des Senats, das an den Rändern des Tempelhofer Feldes Platz für Wohnungen, Gewerbe, Sport- und Freizeitanlagen sowie Kitas und Schulen bietet.

Wachsende Stadt

Übrig bleibt in der Mitte eine große Fläche von 230 ha frei für Natur, Freizeit und Kultur. „Nur zum Vergleich: Der Tiergarten hat lediglich 210 Hektar", stellt Müller die Relationen her. Berlin sei eine wachsende Stadt und es könne nicht zugelassen werden, dass eine derart gut erschlossene Innenstadtlage (U 6, S-Ringbahn, Autobahn) komplett brach liegen bleibe.

Der Senat hat in einem Masterplan Tempelhofer Freiheit der Stadt einen Kompromiss zwischen Entwicklung und Brache vorgelegt. Er sieht in mehreren Flächen verschiedene Nutzungen vor. Am Tempelhofer Damm und am Südring soll es eine Mischung aus Wohnen und Arbeit geben, entlang der S-Bahntrasse vornehmlich Gewerbe, auf der Mitte dieser Strecke ist auch ein neuer S-Bahnhof Tempelhofer Freiheit geplant.

Platz für Schulen und Kitas

An der Oderstraße ist ein reines Wohnquartier vorgesehen, das den bisher am Flughafenzaun endenden Kiez sinnvoll erweitert. Dort sollen auch Sport- und Freizeitanlagen sowie die notwendigen Schulen und Kitas errichtet werden. Das soll den Schillerkiez erweitern und gibt Neukölln eine Chance auf Entwicklung. Senator Müller legt deswegen besonderen Wert darauf, dass es hier nicht um den Ausbau höherpreisiger Wohnquartiere geht, sondern um die Erstellung bezahlbaren Wohnraums für Normalverdiener. „Townhouses sehe ich hier nicht, sondern ein modernes Angebot für den durchschnittlichen Geldbeutel", so Müller.

Landes- und Zentralbibliothek

Deswegen sieht er hier auch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften in der Pflicht, diese neuen Quartiere zu entwickeln.

Besonderes Highlight und zugleich ein Zankapfel ist der geplante Neubau der neuen Landes- und Zentralbibliothek, die am Tempelhofer Damm direkt am S- und U-Bahnhof Tempelhof entstehen soll. Wer sich zurzeit dort aufhält, erlebt hautnah die Debatte.

Die radikalen Gegner jeder Bebauung verweisen auf die entstehenden Baumassen, die dem Ort die Luft und das spezielle Flair nehmen. Die Befürworter betonen vor allem, dass es sich doch um einen guten Kompromiss handele, der allen Bedürfnissen in der Stadt entspreche: dem nach preiswertem Wohnraum auch in innerstädtischer Lage und dem nach Bewegung, freier Fläche, Luft und jenem spezifischen Flair, das jeder wahrnimmt, der diese große Fläche durchwandert.

Die Berliner entscheiden

In jedem Fall ist es eine echte Entscheidung für die Berlinerinnen und Berliner. Nachdem im April 2008 schon die Offenhaltung des Flughafens in einem Volksentscheid abgelehnt wurde, dürfen die Berliner nunmehr auch den nächsten Schritt festlegen: Soll alles so bleiben wie es ist oder darf an den Rändern gebaut werden? So lautet die Frage am 25. Mai. Wer für die Bebauung ist, der muss Nein-Ja abstimmen, wer gegen eine Bebauung ist, muss umgekehrt Ja-Nein abstimmen. Die Regeln sind klar: Angenommen wird nur der Gesetzentwurf, der nicht nur die Mehrheit der Abstimmenden erhält – er muss zudem ein Quorum von mehr als 25% der Gesamtwählerschaft überspringen.

Michael Donnermeyer

 

 

 
 

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